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Ich bin 2010, im Alter von 17 Jahren, aufgrund einer mittelschweren Depression stationär in eine psychiatrische Klinik aufgenommen worden. Die im Vorfeld stattgefundene ambulante Behandlung war nicht ausreichend, sodass der Klinikaufenthalt erforderlich war. Hier wurde mir Citalopram (off-label = das Medikament war zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen nicht zugelassen) verschrieben, da dieses gut verträglich sei – von Nebenwirkungen war nicht die Rede. Das Medikament sollte mir Zusammenspiel mit anderen therapeutischen Maßnahmen ermöglichen, die Depression zu überwinden und in einen geregelten Alltag zurückzukehren.
Die ersten Wochen der Einnahme bemerkte ich eine Verbesserung der Stimmung und des Antriebs. Nach einigen Wochen fiel mir jedoch eine verminderte Sensitivität der Genitalien sowie eine massiv verminderte Libido auf – diese Symptome waren während der Depression nicht vorhanden. Da ich davon ausging, dass sich die Symptome spätestens nach dem Absetzen des Medikaments bessern oder verschwinden, habe ich mit niemandem darüber gesprochen. Insofern habe ich auf diese Symptome nicht reagiert.
Ich bin acht Wochen nach der Aufnahme in der Psychiatrie wieder entlassen worden und habe das Medikament 2012 unter Aufsicht meines Psychiaters abgesetzt. Üblicherweise stellt sich – auch bei mir der Fall - hier ein sogenanntes Absetzsyndrom ein, bei dem z.B. Übelkeit, Schwindel auftreten. Diese Nebenwirkungen verschwanden nach wenigen Tagen wieder. Allerdings bemerkte ich eine massive Verschlechterung der Sexualfunktion, was sich äußert in: massiv verminderter Libido, verringerter Sensitivität der Genitalien, vorzeitiger Ejakulation, weniger intensiven Orgasmen, Probleme beim Erreichen und Aufrechterhalten einer Erektion. Weiterhin sind mein Geruchs- und Geschmackssinn oftmals eingeschränkt, und meine emotionale Affektivität (das Erleben von Gefühlen) ist vermindert.
"Diese Nebenwirkungen habe ich dem Psychiater angezeigt, der diese allerdings für die Anzeichen einer Depression hielt. Warum diese Probleme allesamt vor der Einnahme des Medikaments nicht vorhanden waren, konnte er nicht erklären."
Ich habe den Psychiater gebeten, mir Citalopram erneut zu verschreiben – dies in der Hoffnung, dass das Niveau auf Citalopram („nur“ verminderte Libido und geringere Sensitivität der Genitalien) wieder erreicht wird. Diese Hoffnung trat auch ein, sodass ich das Medikament bis 2014 einnahm und dann versuchte, es erneut abzusetzen. Hier traten dann wieder die obigen Nebenwirkungen auf, die Arzt wieder einer Depression zuschrieb.
Bis heute habe ich das Medikament nicht nochmals eingenommen; die oben angegebenen Nebenwirkungen blieben bis heute fast unverändert bestehen. Mit manchen Nahrungsergänzungsmitteln kann ich temporär eine Besserung erreichen, aber es ist mit dem Niveau vor der Einnahme von Citalopram absolut nicht zu vergleichen.
"Diese Nebenwirkungen stellen für mich eine massive Belastung und Einschränkung der Lebensqualität dar."
Eine Beziehung mit einer Frau ist für mich fast unmöglich, da ich Angst habe, wegen dieser Probleme abgelehnt zu werden und mich nicht mehr wirklich wie ein Mann fühle. Besonders belastend wird die Situation dann, wenn man sich im Freundeskreis über Sex unterhält oder Frauen an mir sexuell interessiert sind.
Über meine Situation wissen nur meine engsten Freunde Bescheid, die dies aber glücklicherweise sehr vertraulich behandeln. Innerhalb meiner Familie habe ich nie darüber gesprochen, da Sex dort eher ein Tabuthema ist.
* Name geändert